Deutsche Äcker frei von Gentechnik?

BASF verlegt als letzter Gen-Pflanzen-Entwickler die Forschung in die USA. Die EU wird wohl bis 2014 keinen neuen Anbau erlauben.

 

Der große Kampf ist beendet, Europas Umweltaktivisten mögen sich als Sieger fühlen. Die Einführung gentechnisch veränderter Pflanzen in die Landwirtschaft ist in Europa auf breiter Fläche gescheitert. Die EU-Kommission wird bis zum Ende ihrer Amtszeit im Jahr 2014 wohl keine neuen Genehmigungen für den Anbau der High-Tech-Pflanzen erteilen, die derzeit ohnehin nur noch in Spanien und Portugal in nennenswerten Mengen wachsen.

Verbraucherschutz-Kommissar Tonio Borg sagte, er werde "neue Handlungsspielräume ausloten" – die es schon in den vergangenen fünf Jahren nicht gegeben hat, weil die Sicherheitsbewertung der neuen Pflanzen durch die EU zwar gentechnikfreundlich ausfiel, diese wissenschaftlichen Gutachten politisch aber keinen Wert hatten.

Anfang dieser Woche zog die BASF nun auch ihre Zulassungsanträge für Gen-Kartoffeln zurück. Angesichts des Widerstands der Umweltgruppen seien selbst solche Pflanzen nicht durchsetzungsfähig, die nicht zum Verzehr, sondern nur für industrielle Zwecke verwendet werden. Weitere Investitionen in Europa seien "nicht zu rechtfertigen", teilte die BASF mit. Die Zulassungspraxis der Genehmigungsbehörden bezeichnete das Unternehmen als "unkalkulierbar".

BASF will sich in Zukunft auf die "attraktiven Märkte in Nord- und Südamerika und die Wachstumsmärkte in Asien konzentrieren". Die Pflanzenbiotechnologie-Tochter Plant Science zur Entwicklung von Gen-Pflanzen werde in die USA verlegt, dort wird es auch weitere Anbauversuche mit neuen Gen-Pflanzen geben. Nicht alle, aber viele Projekte will die BASF in den USA weiter verfolgen.

Das Standortregister des Bundesministeriums für Verbraucherschutz für den Anbau von Genpflanzen in Deutschland weist für 2013 nur noch zwei Einträge für die kleine Gemeinde Ausleben in Sachsen-Anhalt auf – neben Baalberge, Gerbitz und der Forschungshochburg Gatersleben der letzte Flecken in Deutschland, wo Gen-Pflanzen noch salonfähig waren.

Der Anbau einer bestimmten Sorte von gentechnisch verändertem Mais (Monsanto 810) wurde aber von der EU durch ein Moratorium bis zur Fertigstellung neuer Gutachten gestoppt; ein Antrag für Winterweizen mittlerweile zurückgezogen. Im Vorjahr wuchsen immerhin noch gentechnisch veränderte Kartoffeln und Zuckerrüben auf speziell gekennzeichneten Äckern, die von Umweltaktivisten gern zerstört wurden, wenn diese das Flächenverzeichnis im Standortregister mit ihrem Routenplaner kurzgeschlossen hatten.

Das klingt nach einem Sieg auf der ganzen Linie, nach der Befreiung von der Geißel der Gentechnik. Doch die weltweite Maschinerie rollt weiter, nur durch Europas Brille sind die neuen Pflanzen auf dem Rückzug. International hat das Thema die Welt dauerhaft gespalten: In 16 Ländern haben die unbeliebten Pflanzen seit Jahren festen Boden gefunden.

Drei Viertel der weltweiten Baumwollproduktion stammte 2011 von Gen-Pflanzen, beim Soja, das überwiegend als Viehfutter verwendet wird, ist der Anteil genauso groß. Bei Mais (Tierfutter) und Raps (Öl) enthält jede dritte Pflanze zusätzliche Gene. Auch die EU hat längst den Import von zahlreichen GV-Pflanzen und ihre Verwendung als Futter und selbst für Lebensmittel genehmigt. Die meisten Europäer haben zumindest indirekt mehr Kontakt mit den eigentlich unbeliebten Pflanzen, als ihnen bewusst ist.

Durch die intensive Verarbeitung der Rohstoffe in der Produktion und der mangelnden Möglichkeit, gentechnisch veränderte Futtermittel in Fleisch überhaupt nachzuweisen, fallen die Überprüfungen der Überwachungsämter zumeist positiv aus. Offiziell sind in Deutschland vertriebene Lebensmittel deshalb gentechnikfrei. Nahrungsmittel, in denen direkt Soja oder Mais verarbeitet werden, zeigen jedoch Spuren der sich weltweit verändernden Anbaupraxis. Im Jahr 2011 war jede vierte Probe eines Soja-Lebensmittels GVO-positiv. Die Werte lagen meist knapp über der Grenze, bei der ein Nachweis überhaupt möglich ist.