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Wenn Menschen dick sind, kann das viele Ursachen haben – zu wenig Bewegung oder zu viel oder falsches Essen etwa. Meistens geht damit ein schlechter Ruf einher: Der Dicke passt nicht genug auf seinen Körper auf, heißt es landläufig.

 

Doch für mehr als die Hälfte des Gewichts liegt der Schlüssel in den Genen. Die Molekulargenetikerin Anke Hinney von der Universität Duisburg-Essen schätzt sogar, dass der Einfluss der Gene bis zu 70 Prozent von dem ausmachen kann, was wir auf die Waage bringen.

"In der Entwicklung der Menschheit war es bestimmt ein Vorteil, wenn der Mensch die wenig verfügbaren Kalorien gut verwerten konnte", sagt Hinney. Die Forscher an der Uni Duisburg-Essen haben gemeinsam mit 13 anderen Instituten weltweit bei 5530 besonders stark übergewichtigen Kindern nach Genvarianten gesucht, die mit erhöhtem Körpergewicht in Zusammenhang stehen könnten.

Sie wurden fündig. Unter einer Million getesteten Genvarianten stachen zwei besonders heraus; ihr Auftreten im Erbgut könnte ein Indiz dafür sein, dass dieser Mensch eher Fett ansetzt als andere.

"Stark übergewichtige Kinder waren für die Untersuchung besonders geeignet, weil hier die Chance groß ist, dass genetische Faktoren bei der Adipositas einen stärkeren Einfluss haben als die Umwelt und Lebensbedingungen", erklärt die Privat-Dozentin.

Ein einziges "Fett-Gen" gibt es nicht. Schon vor zwei Jahren hatte eine internationale Studie ergeben, dass vermutlich 32 Stellen in unserem Erbgut mit dem Entstehen von Fettleibigkeit in Verbindung gebracht werden können.

Die neue Studie, die in diesen Tagen in der Wissenschaftszeitung "Nature Genetics" veröffentlicht wurde, nennt jetzt zwei weitere Orte. Doch welche Gene genau an dem Prozess beteiligt sind, wissen die Forscher noch nicht. Sie haben aber immerhin ein Indiz, wo die Fettleibigkeit im Erbgut verankert sein könnte.

Die konkrete Identifizierung solcher Stellen ist ein langwieriger und komplizierter Prozess. Zusammen mit der Technischen Universität München wollen die Essener nun im Tiermodell untersuchen, was passiert, wenn man die unter Verdacht stehenden Gene abschaltet.

Eine direkte Hilfe ergibt sich daraus aber noch nicht. "Nach unserer Erfahrungen kommen die Betroffenen besser mit ihrem Gewicht zurecht, wenn sie wissen, dass sie eine Veranlagung haben und nicht nur ihr Verhalten ausschlaggebend für das hohe Gewicht ist", sagt die Forscherin Hinney. Manchen Menschen falle es einfach schwer, ihr Gewicht zu halten oder gar abzunehmen. Genauso, wie andere einfach nicht zunehmen, weil ihnen dafür die genetische Voraussetzung fehlt.