Über eines der größten Öko-Systeme der Erde ist nur wenig bekannt: das Vulkangestein am Boden der Ozeane. Forscher haben dort Mikroben gefunden, die sich dem Lebensraum optimal angepasst haben.

 

 

Der dänische Bakterienforscher Mark Lever beginnt seine Vorträge gern mit einem Scherz. "Es wurde Zeit, dass mal eine Handvoll Mikrobiologen an Bord des Schiffes waren, Geologen hätten die Bakterien nie gefunden", berichtet er von einer Forschungsreise im Jahr 2004, die den Anfang einer spektakulären Entdeckung bildete. Das Schiff kreuzte im Pazifik vor der US-Küste, an Bord einer der größten Bohrer für den Meeresboden, den die Wissenschaft kennt.

Dort, nur wenige Hundert Kilometer vor dem Festland, untersuchen Geologen seit Jahrzehnten das vulkanische Gestein weit unter dem Meeresboden. Es war Mark Levers Idee, nicht nur nach Mineralien zu fahnden, sondern die Gesteinsproben auch auf andersartige Lebensformen zu untersuchen. Vor ein paar Wochen feierte Lever seinen Erfolg in der renommierten Wissenschaftszeitung "Science": Selbst dort, wo die äußeren Umstände nichts mit dem zu tun haben, was gewöhnlich Leben unterstützt, haben sich Bakterien angesiedelt, die sich ideal angepasst haben.

Dieser Fund bietet neue Antworten auf die Frage, wo Leben möglich ist. Da drängt sich der Gedanke an Curiosity und die Suche nach Spuren von Wasser als Grundlage für Leben auf dem Mars auf. Vierhundert Meter tief unter dem Meeresboden haben sich ganz andere Bakterien entwickelt. Sie benötigen keine Photosynthese, also Sonnenlicht, um Energie zu gewinnen.

Sie verwerten vermutlich Methan und Wasserstoff und nutzen dazu das eisen- und sulfatreiche Gestein. Das Besondere: Diese Mikroben sind keine seltene Spezies. Das 3,5 Millionen Jahre alte Vulkangestein am Boden der Ozeane bedeckt etwa 60 Prozent der Erdoberfläche. Es ist vom Volumen her das größte Ökosystem auf unserem Planeten.

Mark Lever musste lange für seine Entdeckung kämpfen. Das Gestein sei tot, die Forscher hätten die Mikroben eingeschleppt, während sie die zwischen 350 und 580 Meter tiefen Löcher in den Meeresboden bohrten, lautete ein Vorwurf. Der andere: Wenn er dort Spuren von Bakterien finden könnte, dann seien es solche, die durch Vulkanausbrüche getötet und danach im Gestein konserviert wurden. Doch mit mühseliger Feinarbeit widerlegte der dänische Mikrobiologe diese Einschätzungen. Erst wies er im Labor nach, dass die Bakterien noch leben: Sie erzeugten Methan, wenn sie entsprechend den Bedingungen in der Erdkruste gehalten wurden. Und ihr Erbgut weist Ähnlichkeiten mit anderen Spezies auf, die in sauerstofffreier Umgebung überleben.

Mark Lever konnte mit einem Trick nachweisen, dass die Bakterien nicht durch die Bohrung eingeschleppt wurden. Er markierte Flüssigkeiten, die während der Bohrung verwendet wurden: In der Bodenprobe aus Vulkangestein ließ sich diese Markierung nicht nachweisen – das Team hatte sauber gearbeitet.

Jetzt wollen die Mikrobiologen herausfinden, wie alt die Bakterienart ist, in welchem Zeitraum der Erdgeschichte sie sich entwickelt hat. Vielleicht lässt sich daraus schlussfolgern, ob ähnliche Bakterienkulturen an anderen Stellen, vielleicht sogar auf anderen Planeten entstanden sein könnten. Denn auch in Meteoriten, die auf der Erde eingeschlagen sind, wurden bereits spezielle Bakterien gefunden.